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  zur Postmortemfotografie
         Aufgebahrter Mann. 1962. S/W-Fotografie. Privatsammlung.
         Weitere Verwendung nicht gestattet.
  Bis vor wenigen Jahrzehnten war das Fotografieren von Leichen noch durchaus üblich. Doch heute wirkt es auf viele Menschen 
  eher befremdlich. Damit ist innerhalb weniger Jahre eine Jahrhunderte währende Tradition fast verschwunden.
  Schon vor der Erfindung der Fotografie gab es Maler, die sich auf das Anfertigen von Porträts Toter spezialisiert hatten. Als das 
  Fotografieren zu einem Beruf gemacht werden konnte, war schon bald die Leichenfotografie eine Haupteinnahmequelle und 
  manche Fotografen spezialisierten sich auf dieses Gebiet.
  Gemalte Porträts von Toten haben in der Geschichte der westeuropäischen Kunst eine lange, heute fast vergessene Tradition. 
  Erste Beispiele sind aus dem 15. Jahrhundert überliefert. Giorgio Vasari (1511-1574), der berühmte Biograf italienischer 
  Künstler, schildert, dass der Maler Luca Signorelli (um 1450-1523), Schöpfer der bekannten Fresken im Dom zu Orvieto, nach 
  dem Tod seines Sohnes zu Cortona, diesen in seinem Atelier malte, "damit er, sooft er wolle, durch seiner eigenen Hände 
  Arbeit das schauen könne, was die Natur ihm gegeben, ein feindliches Schicksal aber geraubt hatte". Das Entstehen dieser 
  ersten Gemälde von Toten ist eng mit einer neuen Sicht auf das Individuum in der Renaissance verbunden.
  Zunächst wurden vor allem verstorbene geistliche Würdenträger porträtiert. Ebenso aber auch Adelige und zumindest ab dem 
  17. Jahrhundert auch Bürger. Gemalte und gezeichnete Porträts von Toten kann man bis ins 19. Jahrhundert finden. Auch 
  wenn mit Ferdinand Hodler, Gustav Klimt, James Ensor und Käthe Kollwitz wichtige Künstler des 20. Jahrhunderts Tote 
  porträtierten, werden nun Zeichnungen und Gemälde weitgehend durch fotografische Porträts ersetzt.
  Für die Maler von Leichenporträts waren die Ausdrucksmöglichkeiten - nicht zuletzt aufgrund der Rücksichtnahme auf die 
  Auftraggeber - eher begrenzt. Daher weisen nur wenige Beispiele eine besondere künstlerische Handschrift auf. Da sie in 
  erster Linie als Trauerbilder verstanden wurden, fanden sie selten den Weg auf den Kunstmarkt oder in ein Museum. Vielfach 
  wurden sie nach wenigen Generationen vernichtet oder übermalt. In den Sammlungen der Museen findet man sie selten 
  ausgestellt. Gilt dies bereits gegenüber den Leichenporträts bekannter Maler, fristen die Bilder weniger bekannter Maler ihr 
  Dasein meist in den Magazinen. Daher sind nur wenige Maler, die sich auf dieses Sujet spezialisiert hatten, namentlich 
  bekannt.
  Die künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten waren deutlich begrenzt, musste man doch auf die Empfindungen der 
  Hinterbliebenen Rücksicht nehmen. Die erforderliche Eile ließ kaum Spielraum für langwierige Auftragsverhandlungen oder 
  Reisen, so dass in der Regel auf die Künstler vor Ort zurückgegriffen wurde. Im Werk namhafter Künstler stellen diese 
  Porträts in der Regel eher Randerscheinungen dar. Doch über die Jahrhunderte widmeten sich viele bekannte Künstler diesem 
  Sujet, wie beispielsweise Domenico Ghirlandaio, Jacques-Louis David, Vicent van Gogh und die bereits genannten Künstler 
  des 20. Jahrhunderts. Trotz regionaler Unterschiede lassen sich Porträts Verstorbener fast im gesamten westeuropäischen 
  Raum finden.
  Bei den gemalten Leichenporträts lassen sich Unterschiede erkennen, wie deutlich den Betrachtern vor Augen geführt wird, 
  dass es sich um porträtierte Tote handelt. Ein Teil der Gemälde stellen die Verstorbenen als Lebende dar. Sie zeigen sitzende 
  oder stehende Menschen mit zum Boden gerichtetem Blick oder geschlossenen Augen. Diese Bildnisse waren in der Regel 
  nicht explizit als Trauerbilder gedacht, sondern ersetzten vielfach ein Porträt, das zu Lebzeiten nicht angefertigt wurde. 
  Besonders häufig war dies bei verstorbenen Kindern der Fall.
  Andere Beispiele zeigen aufgebahrte Menschen oder Menschen im Sterbebett. Hierbei gilt es, die Erinnerung an den Toten und 
  auch an seinen Tod zu bewahren. Eine weitere Form, Tote zu porträtieren befindet sich zwischen den beiden genannten 
  Ausformungen. Tote werden als Lebende gezeigt, jedoch durch den Kontext - Symbole oder Hintergrundgestaltung - eindeutig 
  als Tote identifizierbar. Diese Art der Darstellung findet man wiederum vor allem bei verstorbenen Kindern. Sicher bestand 
  hierbei der Wunsch, den Anschein von Leben zu wahren und den Tod allenfalls durch die beigefügten Symbole zu zeigen.
  Überraschend ist, dass gemalte Porträts von Toten zwischen 1830 und 1860 eine Blüte erlebten, zur gleichen Zeit als bereits 
  Fotografien von Verstorbenen angefertigt wurden. Es lässt sich kein Nachweis finden, dass sich Maler und Fotografen hierbei 
  in einem direkten ökonomischen Wettbewerb befanden. Daher kann nicht davon die Rede sein, dass die Postmortem-
  Fotografie die gemalten Leichenporträts verdrängt hätte. Eher ist zu vermuten, dass das Interesse der jeweiligen 
  Auftraggeber ein anderes war. Die Maler vermittelten die Illusion des Lebens, während es den Fotografen nur selten gelang, 
  wenigstens den Eindruck des Schlafes zu vermitteln. Wenn die gemalten Porträts den Toten am Leben erhalten wollten, 
  dienten die Fotografien dazu, den Hinterbliebenen die Möglichkeit zu bieten, den Verlust zu akzeptieren. Natürlich spielen auch 
  die ökonomischen Umstände eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zu Gemälden, die sich nur Begüterte leisten konnten, war der 
  Auftrag an einen Fotografen auch für weniger Betuchte möglich. Sie sind, anders als die gemalten Leichenporträts, in allen 
  gesellschaftlichen Schichten und nahezu allen ethnischen Gruppen zu finden. Die Funktion dieser Bilder dürfte vor allem die 
  Trauerbewältigung sein. Trauernde sind mit zwei grundsätzlichen Notwendigkeiten konfrontiert: Die Erinnerung an die Toten 
  zu bewahren und die Realität von Tod und Verlust zu akzeptieren. Die fotografischen Porträts der Verstorbenen nehmen diese 
  beiden scheinbar entgegengesetzten Aspekte auf.
  Die meisten wissenschaftlichen Arbeiten zur Postmortemfotografie sind in den USA entstanden, auf diese beziehen sich die 
  Ausführungen des folgenden Abschnitts. In den ersten vierzig Jahren der Fotografie (ca. 1840-1880) lassen sich dort bereits 
  professionelle Fotografen finden, die Postmortemfotografien aufnahmen. Dies zeigt eine Reihe von Werbeanzeigen, die 
  überdies Aufschluss über die Art der Darstellung geben. Hier wird besonderer Wert darauf gelegt, dass man die Toten als 
  Schlafende fotografieren wollte. Sie wurden entweder im Studio der Fotografen angefertigt oder in den Räumen der 
  Hinterbliebenen. Es wurde sogar besonderes Zubehör hergestellt, das im Fotografie-Fachhandel angeboten wurde. Ebenso 
  erschienen in Fachmagazinen Artikel, die dem Fotografen praktische Hinweise für die Postmortem-Fotografie gaben. Das 
  Erscheinungsbild der Postmortemfotografien orientiert sich vor allem am Kundenwunsch. Dieser beruht in erster Linie, wie 
  auch bei den Porträts Lebender, auf Ähnlichkeit. Daher bilden künstlerisch gestaltete Fotografien eher die Ausnahme. Die 
  Aufnahmen zeigen die Verstorbenen häufig in Sonntagskleidung, sitzend oder liegend. Weniger häufig sind Bilder, die 
  Verstorbene im Sarg zeigen. Selten ist der ganze Körper zu sehen, meistens wurde der Bildausschnitt auf Kopf oder der 
  Oberkörper beschränkt. Der Körper ruht in der Regel in einem Sessel oder auf einem Sofa. Blumen oder Gegenstände mit 
  religiöser Bedeutung - bei Kindern auch Spielzeug - wurden gelegentlich hinzugefügt. Nur selten sind Gegenstände zu finden, 
  die dem Betrachter Anhaltspunkte über das Leben der Verstorbenen geben. Einige Bilder greifen die Tradition der gemalten 
  Leichenporträts auf, wobei bekannte Beispiele zum Teil nachgestellt werden. Wollte man den Eindruck des Todes mildern, 
  wurden Bilder von liegenden Toten um 90 Grad gedreht, so dass er für den Betrachter aufrecht sitzend erscheint. Ebenso 
  wurden die Toten mit geöffneten Augen porträtiert oder, falls die Augen geschlossen waren, nachträglich auf das Foto 
  geöffnete Augen gemalt.
  Im Zeitraum von 1880 bis 1910 treten wichtige Veränderungen auf. Zum einen werden die Leichenporträts immer seltener 
  von professionellen Fotografen ausgeführt, zum anderen tritt die Pose des schlafenden Toten in den Hintergrund und die 
  Verstorbenen werden in stärkerem Maße dadurch als Tote gezeigt, dass sie im Sarg abgebildet werden. Hierfür dürften vor 
  allem die veränderten Bestattungsbäuche verantwortlich sein, in erster Linie die Tatsache, dass das Herrichten der Toten und 
  die Aufbahrung nun in stärkerem Maße durch Bestattungsinstitute übernommen wurden. Auch die Postmortem-Fotografien 
  wurden dadurch im Bestattungsinstitut und unter Einflussnahme der Bestatter angefertigt. Eine weitere Veränderung tritt im 
  Verlauf des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts auf: Der Tote ist nicht mehr allein das Zentrum der Fotografien, sondern die 
  Aufbahrungsszene und des Begräbnisses werden zunehmend dargestellt.
  Beginnend mit den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts sind vor allem Fotografien von Halbfigurenbildern im Sarg zu finden 
  und Darstellungen, die das gesamte Aufbahrungsarrangement zeigen. Diese beiden Formen bleiben in den USA bis in die 
  heutige Zeit erhalten.
  Exemplarisch für die Situation in Deutschland ist ein Blick auf München. Auf dem Münchner Südfriedhof wurden im Jahr 1857 
  mehr als 300 Porträts Verstorbener im offenen Sarg angefertigt. Hinter dieser immensen Nachfrage stand jedoch wohl 
  weniger der Wunsch der Hinterbliebenen eine solche Fotografie zu erhalten als die Geschäftsinteressen der Fotografen, da die 
  große Konkurrenz unter den Fotografen durch neu eröffnete Ateliers ihre ökonomische Lage verschärfte. Auch von Seiten der 
  städtischen Verwaltung wurde das gestiegene Interesse an Porträts Verstorbener bemerkt und im August 1857 ein Fotoatelier 
  auf dem Südfriedhof eingerichtet. Im Mai 1928 wurde durch einen Stadtratsbeschluss ein ‚allgemeines Photographierverbot' 
  auf den Münchner Friedhöfen erlassen.
  Vergleichbares lässt sich für das Wien der 50-er und 60-er Jahren des 19. Jahrhunderts bemerken und auch im restlichen 
  Gebiet Österreichs wurden postmortale Porträts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in großer Zahl angefertigt. 1895 
  wurde ein Gesetz erlassen, dass das Fotografieren von Leichen in den Studios der Fotografen aus hygienischen Gründen 
  verbot. Dies stellte für die professionelle Postmortemfotografie einen bedeutenden Einschnitt dar.
  In Frankreich wurden postmortale Porträts auch von der ersten Garde der Fotografen des 19. Jahrhunderts angefertigt. In 
  einer Werbeanzeige bot der Fotopionier Félix Nadar (1820-1910) wie viele andere Daguerréotypisten als besondere Leistung 
  an, ins Trauerhaus zu kommen und das letzte Porträt des Toten mit der Kamera aufzunehmen.
  Nach dem Zweiten Weltkrieg, besonders seit den 70-er Jahren des 20. Jahrhunderts, gibt es vergleichbar wenige Beispiele 
  fotografierter Toter. Das Fotografieren Verstorbener geschieht heute eher im Verborgenen, da sich Angehörige sonst dem 
  Verdacht ausgesetzt sehen, einen Hang zum Makabren zu haben. Eine Ausnahme bildet die Fotografie von Kindern, die tot 
  geboren werden. Hier raten Geburtshelfer vielfach dazu, die Kinder zu fotografieren, da es das einzige Erinnerungsbild an 
  diesen Menschen sein kann. Selbst wenn die Eltern es nicht ausdrücklich wünschen, selbst solche Fotografien anzufertigen, 
  werden die Kinder häufig aufgenommen, um den Eltern in ihrem Trauerprozess die Möglichkeit zu bieten, sich ein Bild von 
  dem Menschen zu machen, den sie verloren haben. Abwegig mag auf den ersten Blick erscheinen, dass Eltern diese Bilder zu 
  ganzen Galerien im Internet zusammentragen. Doch auch dabei geht es um die Bewältigung der Trauer. Die Eltern wollen 
  offen zeigen, dass sie ihr Kind nun annehmen und dass ihre Kinder keine Schreckensgestalten waren, sondern genauso schön 
  wie andere Kinder, die nicht schon früh verstorben sind. Das Internet ist hierfür nur ein zeitgenössisches Medium.
  Mit dem allmählichen Verschwinden der Fotografien Verstorbener im privaten Bereich geht seit den 70er Jahren des 20. 
  Jahrhunderts eine Entwicklung in der bildenden Kunst einher. Verschiedene Künstler beschäftigen sich mit dem Porträt 
  Verstorbener. Doch kommen sie natürlich zu einem völlig anderen Ergebnis als die Fotografen privater Totenporträts. Ihnen 
  geht es nicht mehr um die Erinnerung an einen bestimmten Toten, sondern vielmehr darum, auf die Verdrängung des Todes 
  aus unserem Alltag aufmerksam zu machen. Sie wollen uns das veränderte Verhältnis zum Tod vor Augen führen und uns an 
  den eigenen Tod gemahnen.
  In jüngster Zeit nimmt sich die Forschung in Europa stärker dem Thema der porträtierten Toten an. So war 1998 die 
  Ausstellung Naar het Lijk im Teylers Museum in Harlem (Niederlande) und 2002 die Ausstellung Le Dernier Portrait im Musée 
  d'Orsay in Paris zu sehen. Ob dies ein Zeichen dafür ist, dass ein nahezu abgeschlossenes Phänomen nur mehr von musealem 
  Interesse ist, oder ob das Interesse an Bildern von Toten neu geweckt wurde, bleibt abzuwarten.
  Jens Guthmann
  Zuletzt geändert: Juni 2004    
      Ausführlicher zu diesem Thema:
      Guthmann, Jens: Gemalte und fotografierte Bilder von Toten. Vom Erinnerungsbild zum Gegenstand der zeitgenössische                                  
      Fotografie. In: Friedhof und Denkmal Heft 1/2005, S. 26-37.
      Literatur:
      Ariès, Philippe: Bilder zur Geschichte des Todes. München und Wien 1984.
      Burns, Stanley. B.: Sleeping Beauty. Memorial Photography in America. Altadena 1990.
      Gebhardt, Heinz: Leichenportraits in treffender Ähnlichkeit. In: Metken, Sigrid (Hg.): Die letzte Reise. Sterben, Tod und 
      Trauersitten in Oberbayern. München 1984.
      Guthmann, Jens: Bilder von Toten. Wandlungen einer Tradition bis in unsere Zeit. In: Bestattungskultur. 55. Jahrgang, 
      Heft 11/2003, S. 14-16.
      Pigler, Andor: Portraying the Dead. Painting - Graphic Art. In: Acta Historiae Artium Academiae Scientarum Hungaricae. 
      Budapest 1957, S. 1-75.
      Ruby, Jay: Secure the Shadow. Death and Photography in America. Cambridge 1995 (Paperback-Ausgabe).
      Sliggers, Bert C. (Hg.): Naar het Lijk. Het Nederlandse doodsportret 1500-heden. Zutphen 1998 (Kat. Teylers Museum
      Haarlem).
      Vasari, Giorgio: Künstler der Renaissance. Lebensbeschreibungen der ausgezeichnetsten italienischen Baumeister, Maler 
      und Bildhauer. Hg. von Herbert Siebenhühner. Köln 1997.
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